Haushaltsplan 2011
Stellungnahme der SPD-Fraktion

Karl-Heinz Wagner
in der Gemeinderatssitzung
am 31. März 2011


Herr Oberbürgermeister, Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, Heute, am Ende des ersten Quartals des Jahres 2011 verabschieden wir, sofern die Mehrheit zustimmt, - unsere Fraktion wird ihren Beitrag hierzu leisten - den Haushalt 2011. Das Gesetz sieht als Regelfall die Verabschiedung vor Beginn des Rechnungsjahres vor. Als Rechtfertigung für diese Verspätung dienen die zögerliche Vorlage verwertbarer Daten sowie die Durchführung der Bürgerversammlung zum Haushalt, die wir begrüßt haben, hatten doch die Bürger unserer Stadt die Gelegenheit, sich ausführlich mit der Haushaltslage zu befassen, auch wenn wir über die zurückhaltende Werbung für diese Veranstaltung und die sich daraus ergebende geringe Resonanz enttäuscht waren. Zum anderen hat sich dieser späte Termin insoweit als vorteilhaft erwiesen, dass wir noch eine nicht erwartete Gewerbesteuereinnahme von 2,1 Mio Euro in das Rechenwerk einfließen lassen konnten. Dies ermöglicht es uns, die negative Rückführung und die Rücklagenentnahme jeweils zu ermäßigen und auf eine Kreditaufnahme zu verzichten. Die Kehrseite der Steuereinnahme ist bekannt: Schlüsselzuweisungen und Investitionspauschale werden im Jahr 2013 sinken, Kreis- und FAG-Umlage steigen. Also müssen wir unsere Reserven jetzt schonen, um nicht 2013 mit leeren Kassen da zu stehen.

Ich verweise auf unseren Antrag, aus den Mehreinnahmen der Gewerbesteuer einen Teilbetrag von € 200.000,00 für den Ausbau von Kindertagesstätten zu verwenden und in den Haushalt 2011 einzustellen. Die Deckung erfolgt über die erhöhte Gewerbesteuer. Sollte diese haushaltsrechtlich wegen der umgekehrten Zuführung nicht zulässig sein, soll die Maßnahme aus den Rücklagen finanziert werden. Wir müssen bis 2013 255 Plätze vorhalten, davon fehlen mit 140 mehr als die Hälfte. Es besteht somit dringender Handlungsbedarf.

Vor 14 Monaten haben wir den Haushalt 2010 beschlossen. Damals warnte ich aufgrund der Rezession vor dem Anwachsen der Kluft zwischen Einnahmen und Ausgaben der Kommunen auf mehr als elf Milliarden Euro – natürlich negativ - und den Folgen des Wachstumsbeschleunigungs-gesetzes mit einer weiteren Reduzierung der Steuereinnahmen der Kommunen um 1,6 Milliarden Euro. Die seinerzeit drohende Durchsetzung weiterer Steuersenkungen in einer Größenordnung von 24 Milliarden Euro wurde dann allerdings nicht mehr verwirklicht.

Völlig neue weltpolitische Risiken rechtfertigen eine vorsichtige und umsichtige Haushaltsplanung auch der Kommunen, auch wenn Deutschland 2010 wirtschaftlich erfolgreich war und die Steuereinnahmen sprudelten. Dafür haben andere Staaten ihren Offenbarungseid leisten müssen oder stehen unmittelbar davor, mit Folgen, die auch Deutschland viel Geld kosten können, Gelder, die uns dann bei Investitionen, Kinderbetreuung, Versorgung und Pflege von Senioren etc. fehlen. Der Super-GAU in Japan und Aufstände in Nordafrika und dem Nahen Osten mit regionalen militärischen Auseinandersetzungen stellen nicht nur für die dort lebenden Menschen eine kaum vorstellbare Heimsuchung dar, können daneben auch für uns Unsicherheitsfaktoren für Wirtschaft und Finanzen bedeuten.

Unsere Fraktion hat ausführlich diskutiert, auf die von der Verwaltung vorgeschlagene Anhebung von Grund- und Gewerbesteuer zu verzichten. Jede Steuererhöhung birgt die Gefahr, dass sich mobile Steuerpflichtige – legal oder illegal – der Steuerpflicht entziehen. Bei der Grundsteuer ist dies nicht möglich, aber nur sie allein zu erhöhen ist aus unserer Sicht unsozial, also haben wir uns für die Anhebung von Grund- und Gewerbesteuer um jeweils 30 Prozentpunkte, wie vorgeschlagen, entschieden. Die Erhöhung ist für uns unverzichtbar, weil ansonsten die für eine lebendige Stadt erforderlichen Ausgaben nicht finanzierbar sind.

Die Gewerbesteuer ist für uns unverzichtbar, auch wenn wir weniger als vergleichbare Kommunen von ihr profitieren. Indirekt kommen uns über die Höhe der Kreisumlage hohe Einkünfte von Nachbargemeinden zugute. Wir halten auch die Forderung von Petra Roth, Präsidentin des Deutschen Städtetages nach Einbeziehung der freien Berufe in die Gewerbesteuer für gerechtfertigt. In allen anderen Bereichen, ob Umsatzsteuer, Einkommensteuer oder Erbschaftssteuer, ist der Handwerksmeister dem Rechtsanwalt/Steuerberater gleichgestellt, die unterschiedliche Behandlung bei der Gewerbsteuer ist systemwidrig. Als Alternative zur Gewerbesteuer wird ein Zuschlag zur Einkommensteuer erwogen. Diese Einkunftsquelle ist für uns nicht akzeptabel, denn der Fantasie bei der Aufspürung und Ausschöpfung von Steuerlöchern sind bei der EinkSt. ebenso wenig Grenzen gesetzt wie bei der GewSt., und weil der Gesetzgeber das EinkStGesetz fast im Monatsrhythmus ändert, leidet die Verlässlichkeit.

Eine andere Alternative, den nicht erwarteten Geldsegen zu verwenden, wäre der Ausstieg aus der Erhöhung der Beiträge für die u3-Betreuung und Ganztagsbetreuung gemäß Beschluss vom 16.12.2010. Unsere Fraktion hatte es sich mit dieser Erhöhung nicht leicht gemacht, insbesondere angesichts des Programms der Landes-SPD, langfristig Kinderbetreuung beitragsfrei zu stellen – im Aktuellen Regierungsprogramm ist die Jahreszahl 2016 genannt – Allerdings enthält der Beschluss mit der Umsetzung des Württemberger Modells – gestaffelte Beiträge nach Zahl der Kinder unter 18 - eine soziale Komponente. Die aus unserer Fraktion geäußerte Kritik am Zeitpunkt der Erhöhung bleibt aufrecht erhalten.

Neben Schulen, Kindergärten und Kindertagesstätten bezuschusst die Stadt Einrichtungen und Maßnahmen, die nicht zum Kernbereich kommunaler Daseinsvorsorge gehören, die somit ständig auf den Prüfstand gehören, die aus unserer Sicht jedoch eine lebendige Stadt ausmachen. Diese Einrichtungen und Maßnahmen stehen grundsätzlich allen Bürgern oder Mitgliedern einer Personengruppe offen, werden im Regelfall jedoch nur von einer Minderheit in Anspruch genommen. Hierzu gehören Hallen- und Freibad mit Sauna, Sporthallen und –stätten, VHS, Bücherei und Musikschule, Vereinsförderung, Basket, ÖPNV, Ruftaxi und anderes. Für jede dieser Einrichtungen fände sich – theoretisch – eine Mehrheit, die sagt: „Geht mich nichts an, brauche ich nicht, also Gemeinderat, bitte streichen.“ Jede Bürgerin, jede Bürger kann beobachten, dass Busse zu bestimmten Tageszeiten fast leer durch die Stadt fahren und weiß somit gleich, wo Sparpotential steckt. Dass wir aber auf den Busverkehr in der Stadt insgesamt nicht verzichten wollen und ein auf S-Bahn und Straßenbahn abgestimmter Takt das optimale Angebot darstellt, wird dabei leicht übersehen.

Wie verhält es sich jetzt mit dem in den Vorjahren so kritisch gesehenen Haushalt 2011 ?

Die Einnahmenseite wurde bereits ausführlich dargelegt, ich kann auf diese Zahlen und den Vergleich zu 2010 verweisen:

Das Hauptproblem stellen die Mindereinnahmen bei den Schlüsselzuweisungen dar, die auf dem guten Steuerjahr 2009 beruhen. Die Zahl „Veräußerung von Anlagevermögen“ ist ambitioniert, könnte aber in diesem Jahr – anders als in den Vorjahren – erreicht werden, wenn wir entweder Gewerbeflächen veräußern oder den Hartplatz vermarkten.

Wünschenswert – wie bereits ausgeführt – wären eine positive Zuführung zum Vermögenshaushalt und eine Stärkung der Rücklagen, wir entnehmen 212.000 Euro, denn nur so können wir einen rechnerisch ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Eine Kreditaufnahme ist im Haushalt nicht vorgesehen, hier haben wir 2009 mit neuen Kreditermächtigungen bis zum Gesamtbetrag von 7,6 Mio € vorgesorgt.

Insgesamt liegt uns ein Haushalt vor, der sicher dem Gesetz entspricht, aber auch keine Polster für Unvorhergesehenes lässt. Die Baumaßnahmen – Straßen- und Gebäudesanierung - dienen ausschließlich der Erhaltung oder Erneuerung.

Was bieten wir dem Bürger für seine Steuer-Euros, die er uns direkt über Gemeindesteuern oder indirekt über Einkommensteuer und Zuweisungen anvertraut ?

Kinderbetreuung und Bildung, Jugendförderung:

Die dicksten Brocken sind Kinderbetreuung und Bildung. Investitionen in die Ausbildung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen sind Zukunftsinvestitionen, sie dürfen daher nicht nur unter Kostenaspekten betrachtet werden. Eine Gesellschaft, die sich auch im Zeichen der Globalisierung eine soziale Kompetenz bewahren will, ist auf gut ausgebildete, motivierte und selbstbewusste junge Menschen angewiesen.

Zwar werden auch in diesen Bereichen Gebühren erhoben, diese können jedoch niemals kostendeckend sein. Für die Betreuung von U-3 und Ü-3 werden im Verwaltungshaushalt Nettoausgaben von knapp 3 Mio. € bereitgestellt.

Unsere Fraktion setzt sich für die u-3-Betreuung ein, wobei wir mit Interesse die Äußerungen der kommunalen Spitzenverbände zur Kenntnis nehmen, die angesichts der weg brechenden Gewerbesteuern die Verwirklichung der verpflichtenden U-3-Betreuung mehrfach in Frage gestellt haben. Dies soll uns nicht daran hindern, im Rahmen unserer Möglichkeiten eine Betreuung der Kinder bis zum dritten Lebensjahr anzubieten. Die Zeit drängt, denn ab 2013 haben alle Eltern einen Anspruch auf u-3-Betreuung. Erstaunlich ist, dass nur für 35 % der Kinder in diesem Alter ein Platz vorgehalten wird. Rechnet man mit 65 % Desinteresse oder mangelnder Information ?

Im Kindergartenbereich hat für uns die Sprachförderung mit dem Ziel, dass alle Kinder mit Beginn des Schulalters ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache erworben haben, höchste Priorität.

Im Schulwesen hält unsere Fraktion an dem Ziel fest, die Geschwister-Scholl-Schule - neue Werkrealschule – als Ganztagesschule, also mit Mittagstisch und pädagogischem Angebot am Nachmittag – nicht nur Verwahrung durch Ehrenamtliche - auszubauen und die Mittel bereit zu stellen. Als Brennpunktschule hätte sie gute Chancen, in das Förderprogramm des Bundes aufgenommen zu werden. Unsere Fraktion setzt sich für die zeitnahe Realisierung dieses Vorhabens ein und ist auch bereit, die finanziellen Mittel hierfür in den Haushalt einzustellen. Gute Sozialarbeit mit ausgebildeten Schulsozialarbeiterinnen und –arbeitern muss fester Bestandteil des Schulalltags bleiben. Hierzu nehmen wir Bezug auf das Regierungsprogramm der Landes-SPD, die dies als Landesaufgabe ansieht und anteilig vom Land finanzieren will. Wichtig ist für uns auch die Betreuung der Jugendlichen beim Übergang in eine Berufsausbildung. Die Mitarbeiter und Initiativen, die sich hier junger Menschen mit und ohne Migrationshintergrund annehmen und sie auf dem Einstieg in eine geeignete Ausbildung nach dem Schulabschluss begleiten, finden unsere volle Unterstützung.

Wir unterstützen die Musikschule weiterhin mit jährlich € 150.000,00, damit hatte die uferlose Bezuschussung aus der Vergangenheit ein Ende. Es gab für den Gemeinderat nur zwei Alternativen: Fortsetzung mit neuem Konzept und verlässlicher Finanzplanung oder Schließung.

Die große Mehrheit hat sich für die Fortsetzung entschieden. Die Lehrer haben beachtliche Opfer gebracht, Eltern engagieren sich verstärkt. Leider verdichten sich die Anzeichen, dass die Musikschule auf Dauer nicht mit diesem Zuschuss auskommt, trotzdem sollten vorerst keine weiteren Mittel in den Haushalt eingestellt werden.

Die Basket-Projekte haben sich bewährt. Die örtlichen Vereine bieten Jugendlichen sinnvolle Freizeitaktivitäten und werden hierfür von der Stadt auch mit unserer Zustimmung unterstützt. Sie erreichen nicht alle Jugendlichen, die dann in den Basket-Projekten eine Stätte haben, wo sie sich sinnvoll beschäftigen können.

ÖPNV:

Im Haushalt sind für den Nahverkehr € 932.000,00 und für das Ruftaxi € 40.000,00 veranschlagt, jeweils netto, das heißt nach Verrechnung der jeweiligen Zuschüsse. Mit der neuen Buslinie Gauangelloch – Railsheim - Wiesenbach – Bammental – Gaiberg – Gauangelloch mit direktem Anschluss an die neue S-Bahn konnten wir das ÖPNV-Angebot für unsere Mitbürger maßgeblich verbessern, auch wenn sich im Gespräch ergeben hat, dass dieses Angebot nur zögerlich angenommen wird.

Ökologie:

Mit der Inbetriebnahme der Fotovoltaikanlage haben wir einen ersten Schritt in Sachen Erneuerbare Energie geleistet. Unter Berücksichtigung von Abschreibungen und Eigenkapitalverzinsung besteht noch ein Zuschussbedarf, operativ arbeitet die Anlage mit Gewinn.

Einen weiteren Beitrag leisten wir mit dem Bezug von Ökostrom für die städtischen Einrichtungen und die Straßenbeleuchtung. Schließlich ist in diesem Zusammenhang die Einrichtung und Ausstattung des Ökokontos zu erwähnen.

Investitionen:

Die Weichen für Investitionen in unser marodes Straßennetz wurden bereits im Jahr 2009 gestellt. Fertig gestellt wurden die Bgm. Lingg-Str. mit dem Lärmschutzwall, der besser ausgefallen ist als erwartet, die Heltenstraße und die Leimbachstr. Derzeit sind insbesondere die Bahnhofstraße und die Wilhelm-Haug-Straße im Bau. Für Straßenunterhaltung und Straßenbegrünung sind 360.000 und 267.000 Euro eingestellt.

Eigenbetriebe:

Beim Wasserwerk ist ein Gewinn von 193.000 € eingeplant, der dringend zum Abbau von Verlusten verwendet werden soll. Der Wasserpreis steigt auf 2,25 €/m³ und ermöglicht einen moderaten Verlustausgleich.

Die Gebühren beim Abwasser werden getrennt. Für die Schmutzwasserbeseitigung werden 1,65 €/m³ und für das Niederschlagswasser 0,39 €/m² maßgeblicher Grundstücksfläche berücksichtigt. Damit ergibt sich eine rechnerische „schwarze“ Null. Für die schnelle Umsetzung der Gebührentrennung – laut RNZ war Leimen hier einmal vorne – sei der Verwaltung gedankt.

Die Technischen Betriebe verzeichnen einen Verlust von 102.000,00 €, bedingt durch eine vorsichtige Schätzung städtischer Aufträge. Anhand der Personalkosten ist festzustellen, dass es kaum Veränderungen gegeben hat.

Forstwirtschaft:

Die Euphorie der letzten Jahre mit gestiegener Nachfrage nach Brennholz und Pellets ist einer gewissen Ernüchterung gewichen, die sich auch in den Zahlen widerspiegelt. Sieht man den Wald nicht nur als Wirtschaftsobjekt, sondern seine ökologische Bedeutung und als Stätte der Naherholung, müssen wir uns die Erhaltung eines gesunden Waldes etwas kosten lassen.

Personalkosten

An dieser Stelle ist der Verwaltung Anerkennung auszusprechen, die Personalkosten auf ein vertretbares Niveau reduziert und hier stabilisiert zu haben. Einige in der Vergangenheit überfällig gewesene Beförderungen sind vollzogen. Trotzdem blieben die Kosten insgesamt im Rahmen: Gegenüber dem Haushalt 2009 mit 9,44 Mio. und 2010 mit 9,63 Mio ergibt sich eine moderate Steigerung auf 9,93 Mio.

Schlussbemerkungen:

Die Fraktion der SPD stimmt dem Haushalt zu.

Abschließend spreche ich den Mitarbeitern der Kämmerei und den Eigenbetrieben Dank und Anerkennung für die geleistete Arbeit bei der Aufstellung des Haushaltes aus. Mehr als 270 Seiten eng gedruckte Zahlen, nach jeder Sitzung des Gemeinderates waren wieder Änderungen einzuarbeiten, das Ganze auch übersichtlich darzustellen war ein gewaltiges Stück Arbeit.