Stellungnahme der SPD-Fraktion
zum Haushaltsplan 2005

Karl-Heinz Wagner
in der Gemeinderatssitzung
am 16. Dezember 2004


Herr Oberbürgermeister,Herr Bürgermeister,meine Damen und Herren!

Allgemeines:

Zwei Jahre lang, 2003 und 2004 hatten wir Ruhe im Bereich Rücklagen, doch 2005 geht es wieder an das schon arg geschrumpfte Tafelsilber: Mit knapp 1,6 Millionen Euro stehen Entnahmen aus den Rücklagen zu Buche. Auch die „umgekehrte Zuführung“ erreicht mit knapp 3,6 Mio. wieder einen traurigen Rekord. Schon diese beiden Zahlen kennzeichnen den Ernst der finanziellen Lage, und der lang erwartete Silberstreif am Horizont ist nicht zu erkennen. Unsere Aufgabe ist es, bei dieser Lage das Schlimmste abzuwenden. Konnten wir in den vergangenen Jahren und auch heute noch darüber entscheiden, wie wir knappe Mittel gerecht verteilen, so geht es in den nächsten Jahren nur noch darum, wie wir erforderliche Kürzungen und Einschnitte sozial verträglich abfedern.

Investitionen beschränken sich auf die Fertigstellung der begonnenen Bauwerke – Feuerwehr und Erhaltung der vorhandenen Infrastruktur, insbesondere Straßen, öffentlichen Gebäuden. Die Finanzierung erfolgt in Höhe von ca. 1,6 Mio durch Kredite.

Einnahmen:

Steuern:

Die Gemeinde erhebt Gewerbe- und Grundsteuer und erhält einen Gemeindeanteil an der Einkommen- und Umsatzsteuer.

Die Grundsteuersätze sind im oberen Bereich, aber noch angemessen. Weitere Erhöhungen stehen nicht zur Debatte, Senkungen können wir uns nicht leisten. Die Grundsteuern stellen eine verlässliche Größe dar.

Die Gewerbsteuereinnahmen haben sich zunächst auf niedrigem Niveau stabilisiert und zeigen zuletzt eine steigende Tendenz. Die Verwaltung verspricht sich auf der Grundlage der voraussichtlichen Einnahmen in 2004 eine deutliche Erhöhung. Gerne teilen wir diese optimistische Einschätzung. Auf jeden Fall ist es zu begrüßen, dass wir nicht mehr wie früher von einzelnen Branchen und damit unvorhersehbaren Schwankungen abhängig sind.

Die noch für 2004 getroffene Feststellung, dass die Steuerreform uns keinen Einbruch beim Einkommensteueranteil bescheren werde, kann für das kommende Jahr nicht mehr bestätigt werden. Der Rückgang beträgt ca. 800.000 Euro. Natürlich freuen wir uns privat darüber, wenn wir weniger Steuern bezahlen müssen, müssen uns aber als Kommunalpolitiker mit fehlenden Einnahmen aus diesem Bereich abfinden. Es kommt jedoch noch etwas hinzu, und ich erlaube mit einen kurzen Abstecher zum Thema Globalisierung. In allen Industriestaaten stagnieren die Einkünfte aus Arbeit und Transferleistungen - Rente, Arbeitslosengeld etc - seit Jahren, während die Einkünfte aus Kapital rasant steigen. Von 1995 bis 2004 sank der Anteil aus Arbeitseinkommen von 75 % auf 69 % der gesamtwirtschaftlichen Leistung Die Gewinne der „Global Player“ in Europa und USA sind auf jeweils 1 Billionen $ gewachsen und werden nicht wieder investiert, weil das Geld für den Konsum fehlt. Also wird es an die ausgeschüttet, die nur wenig zum Konsum und damit Wachstum beitragen. Die Regierungen sind machtlos oder fördern diese Art von Liberalismus.

Man muss nicht gleich zum Marxisten werden, um hier die Forderung nach einer höheren Gewinnbeteiligung des Faktors Arbeit zu erheben. Dies käme neben anderen auch den Kommunen zugute..

Zuweisungen:

Auch das einst reiche Land Baden-Württemberg steht dem Anschein nach vor der Insolvenz, die Schlüsselzuweisungen werden nochmals um mehr als 500.000 gesenkt, wie schon im Jahr 2004 gegenüber 2003. Dafür sind vom Land neue Aufgaben für die Kommunen im Bereich Sozialarbeit an Schulen vorgesehen.

Um diese Kürzungen ist zwischen den kommunalen Vertretern und dem Land ein heftiger Streit entbrannt. Jeder wirft dem anderen vor, sich selbst arm und den Gegner reich zu rechnen. Ich erspare mir Einzelheiten und verweise nur auf folgendes: Das Land hat die Veräußerungserlöse aus dem Verkauf von Anteilen an EnBW in eine Stiftung überführt, die sicher viel Gutes tut, aber außerhalb des Landeshaushaltes wirtschaftet. Um den Landeshaushalt verfassungsgemäß aufzustellen, werden die Mittel an die Kommunen gekürzt, mit dem oberlehrerhaften Ratschlag an die Kommunen, doch bitte die freiwilligen Leistungen zu kürzen, während man selbst via Stiftung als großzügiger Förderer von Forschung, Wissenschaft etc. auftritt.

Gebühren:

Anders als Steuern stellen Gebühren Entgelte für städtische Leistungen und Nutzungsvorteile dar. Die Stadt hat Gestaltungsspielräume, die durch die allgemeinen Grundsätze - Gleichheitssatz, Sozialstaatlichkeit, pflichtgemäßes Ermessen - eingeschränkt werden. Die Obergrenze der Gebühr ist der tatsächliche Aufwand der Stadt.

Für unsere Fraktion gilt: Städtische Aufwendungen, die nicht durch Gebühren gedeckt werden, müssen aus anderen Töpfen - Steuern, Zuweisungen, Krediten - bezahlt werden, werden also von allen Bürgern gemeinsam aufgebracht. Wo es sozial verträglich ist, sollen sich die Gebühren am Aufwand orientieren - Beispiel: Bestattungen. Anders im Bereich Kinder- und Jugendeinrichtungen. Wenn Kinder heute schon das größte Armutsrisiko darstellen, darf die Stadt Familien nicht mit hohen Kindergartengebühren von der Inanspruchnahme dieser wichtigen Einrichtung abhalten. Nachdem aber in diesem Bereich bei Nettoaufwendungen der Stadt von ca. 2 Mio. € Gebührenerhöhungen unvermeidlich sind, können wir uns vorstellen, die Gebühren nach Einkommen der Eltern zu staffeln.

Freiwillige Leistungen:

Vereinszuschussprogramm:

Es war Ziel einer fraktionsübergreifenden Initiative, die Förderung auf die Kinder und Jugendlichen zu konzentrieren, ein Ziel, das nur teilweise gelungen ist. Das derzeitige 9. Programm läuft Ende 2005 aus. Wir tragen es selbstverständlich mit, müssen uns aber rechtzeitig Gedanken über die künftige Förderung machen.

Die Vereine leisten mit sportlichen und kulturellen Angeboten viel in der Jugendarbeit, doch nicht alle Jugendlichen lassen sich von diesen Angeboten ansprechen. Für sie stellen wir auch künftig Alternativen zur Verfügung. Unsere Fraktion steht voll hinter der Beibehaltung von „Basket“ in allen Stadtteilen. Die Mittel sind weiter bereitzustellen.

Auch die Schulsozialarbeit bedarf weiterer Unterstützung Wir begrüßen es, dass die Brückenlehrerin weiterhin in St.Ilgen tätig sein kann. Das Land und der Kreis wollen Mittel bei der Integrationsarbeit kürzen. Hier muss die Stadt in die Bresche springen.

Erneuerung von Hallen- und Freibad:

Die Hallen- und Freibaderneuerung tritt 2005 in die entscheidende Phase. Der günstigste Investor rechnet mit einem städtischen Zuschuss von 420.000 Euro pro Jahr, ein Betrag, der schon jetzt für das marode Hallenbad allein nicht ausreicht. Die Alternative zum Investorenmodell wäre daher die Schließung auch des Hallenbades, eine Entscheidung, die unsere Fraktion mehrheitlich nicht mittragen kann.

Stadtentwicklung:

Im Jahr 2005 ist mit der Fertigstellung der Nord-Ost-Umgehung und damit einer Beruhigung des innerstädtischen Verkehrs in der Rathaus- und Heltenstraße zu rechnen - selbst wenn die innerörtliche Entlastungsstraße noch nicht freigegeben werden kann. Damit wäre die Gelegenheit für eine Belebung des Stadtkerns günstig, wenn denn Geld vorhanden wäre. Bei der derzeitgen Kassenlage bleibt nur das Betreibermodell.

Negativ wirkt sich das Hick-Hack um die Anmietung des KCL vor einem Jahr aus, als sich eine Mehrheit im Gemeinderat gegen eine längere Vertragsdauer ausgesprochen hat. Unsere Verhandlungsposition hat sich deutlich verschlechtert. Derzeit sehe ich keine Alternative zur weiteren Anmietung des KCL.

Grundbuchamt:

Von anderen Fraktionen als der Kostenfresser entdeckt, mit dessen Abgabe man den städtischen Haushalt sanieren kann, melde ich Zweifel an. Im kommenden Jahr dürfte keine Einsparung möglich sein, da das Personal- und Sachkosten unvermindert anfallen. Ich trete aus beruflichen Gründen auch für die dauerhafte Beibehaltung ein, da nach meiner Erfahrung hier schneller gearbeitet werden kann., was den Antragstellern zugute kommt. Diese Vorteile sind aber sachlich gegen die Einsparungsmöglichkeiten abzuwägen

WBG:

Die Städtische Wohnungsbaugesellschaft verschlang noch 2002 und 2003 jährlich ca. 250.000,00 Euro wegen der noch nicht abgewickelten Altlasten und ist zum Dauerthema geworden. Dieses Jahr sieht die Sache besser aus, eine „Schwarze Null“ ist greifbare Nähe gerückt. Eine schnelle Beerdigung ist nicht möglich, die laufenden Kredite wären auch nach einer Liquidation von der Stadt weiterhin zu bedienen. Der Verkauf der teuer erworbenen Immobilien verläuft schleppend, mit fast jedem Verkauf werden stille Lasten in echte Verluste umgewandelt.

ÖPNV:

Wir begrüßen die Einstellung der Mittel für die Gestaltung des Park-and-ride-Platzes am Bahnhof und damit die Steigerung der Attraktivität der S-Bahn, verbunden mit der städtebaulichen Aufwertung dieser derzeitigen Brache mit dem Namen Willi-Brandt-Platz. Wir brauchen auch weiterhin den innerstädtischen Bus, u.a. zur Anbindung an die S-Bahn. Daneben bleibt auch die Straßenbahn nach Heidelberg mit dem derzeitigen Takt unverzichtbar. Die Gesamtkosten sind im Haushalt mit € 880.000,00 veranschlagt und finden unsere Zustimmung.

Drogenberatung:

Im letzten Jahr noch heftig umstritten ist jetzt vom Kreis eine Stelle eingerichtet, die uns nur mit überschaubaren Kosten von 2.000 Euro belastet. Wir begrüßen diese Initiative in der Erkenntnis, dass diese Stelle sich nicht nur um rauchgiftkonsumierende Junkies und -handelnde Dealer kümmert, sondern auch für „gesellschaftsfähige Drogen“ - Alkohol, Tabak - zuständig ist.

VSM:

Dieser Bereich ist trotz Ausschöpfung von Sparmöglichkeiten bei Besoldung und Anpassung der Gebühren defizitär. Er wird es bleiben, Kultur ist nicht zum Nulltarif zu haben. Der geplante Zuschuss beträgt ca. 200.000 €. Hier können wir uns ein Drei-Stufen-Modell vorstellen: Die Förderung von Kindern und Jugendlichen steht ganz oben, auf der zweiten Stufe stehen Erwachsenenkurse, die der Berufsförderung und Weiterbildung dienen und auch bezuschusst werden müssen, weitere Kurse, die der Allgemeinbildung, Freizeitunterhaltung etc. dienen, müssen sich selbst tragen. Weitere Synergiemöglichkeiten sind auszuschöpfen, so kann jedenfalls Erwachsenen durchaus zugemutet werden mit dem ebenfalls geförderten ÖPNV Kurse in Nachbargemeinden zu besuchen.

Personalkosten:

An dieser Stelle ist der Verwaltung Anerkennung auszusprechen, die Personalkosten auf ein vertretbares Niveau reduziert und hier stabilisiert zu haben. Einige in der Vergangenheit überfällig gewesene Beförderungen sind vollzogen.

Es wäre jedoch verfehlt, zu sagen, wir sind damit fertig und mehr ginge nicht. Der Konsolidierungsprozess muss auf allen Ebenen weitergehen und die Optimierung von Verwaltungsabläufen muss gerade in unserer prekären finanziellen Situation ein ständiger Prozess sein. Die bestehenden Organisationen müssen laufend an die veränderten Bedingungen angepasst werden.

Schlußbemerkungen:

Die Fraktion der SPD stimmt mehrheitlich dem Haushalt zu.

Abschließend spreche ich den Mitarbeitern der Kämmerei mit Herrn Lange an der Spitze Dank und Anerkennung für die geleistete Arbeit bei der Aufstellung des Haushaltes aus. Mehr als 200 Seiten eng gedruckte Zahlen, nach jeder Sitzung des Gemeinderates waren wieder Änderungen einzuarbeiten, das Ganze auch übersichtlich darzustellen war ein gewaltiges Stück Arbeit.