Leserbrief von Dietrich Unverfehrt
zum Artikel „Wettbewerb ist ein zutiefst moralisches Prinzip“ in der Beilage Rund um Heidelberg vom 07.10.04

Dietrich Unverfehrt
Anton-Bruckner-Straße 8
69181 Leimen
8. Oktober 2004


Wettbewerb ein zutiefst moralisches Prinzip?

Hier irrt Herr Stratthaus, wenn er meint, ohne Wettbewerb seien nicht die mit den besten Leistungen, sondern die mit den besten Beziehungen ganz oben anzutreffen. Wenn z. B. McKinsey propagiert, in jedem Unternehmen müsse ein interner Wettbewerb um die Arbeitsplätze stattfinden, so ist dies kein moralisches Prinzip sondern ein Verdrängungswettbewerb zu lasten der weniger Leistungsfähigen und Behinderten. Ältere Arbeitnehmer sind nun mal körperlich nicht mehr so fit wie jüngere. Nach diesem Prinzip zählt nicht, wie lange jemand in einer Firma gearbeitet hat, was er für diese Firma in der Vergangenheit geleistet hat, kurz dass er eine gewisse Lebensleistung erbracht hat. Nach diesem Prinzip zählt nur, wer jetzt und heute die beste Leistung bringt und somit den Shareholdervalue kurzfristig verbessert; eine Lebensleistung kann das nicht. Die nicht mehr Leistungsfähigen werden über Überbrückungsgeld zu Lasten der Gemeinschaft enttsorgt. Es gibt aber auch noch andere Prinzipien, beispielsweise in einigen Genossenschaften, in denen ein solidarisches Prinzip gilt, in denen die jungen Leistungsfähigen die Älteren mittragen. Gewinn wird nur in der Höhe ausgewiesen, wie ihn das Unternehmen zum Überleben braucht. Wettbewerb kann jedenfalls nur dann funktionieren (aber auch dann nicht als moralisches Prinzip), wenn die Ausgangsbedingungen gleich oder vergleichbar sind.